La Boheme, Oper mit Musik von Giacomo Puccini. Die Oper spielt im Winter um 1830 in Paris und handelt von (Lebens)Künstlern. Ein Maler, ein Musiker, ein Philosoph und ein Dichter, der sich verliebt – was zur tränenträchtigsten Sterbeszene der Operngeschichte führt. In vier Bildern werden ihre Höhen und Tiefen, ihre Freuden und Leiden dargestellt.
1. Bild – eiskalte Mansarde mit großen Atelierfenstern
La Boheme: Der Maler Marcello und der Dichter Rodolfo frieren, denn Heizmaterial ist keines vorhanden; also machen sie mit Rodolfos Roman-Manuskript ein Feuer. Colline, der Philosoph, kommt hinzu und hilft mit, die letzten Kapitel zu verheizen. Schaunard, der Musiker und letzter im Freundesquartett, bringt etwas zu spät Holz, Wein und Köstlichkeiten zum Essen, die er von einem reichen Engländer als Lohn bekam.
Die Miete zahlt der Hausherr
Mitten in den Festschmaus platzt der Hausbesitzer Benoît und fordert seine Miete. Die vier bitten ihn herein, geben ihm zu trinken und schmeicheln ihm mit seiner Ausstrahlung auf Frauen. Der Hausherr erzählt freiwillig von seinen Seitensprüngen, worauf sie ihn empört rausschmeißen. Mit der Drohung, es seiner Frau zu verraten, hinterlassen sie einen bedröbbelten Schwadroneur und sparen dabei die Miete.
La Boheme – lustiges Leben ohne Geld
Marcello, Colline und Schaunard gehen mit dem unerwarteten Geldsegen ins Lokal, während Rodolfo zurückbleibt, um noch einen Artikel zu Ende zu schreiben. Gestört wird er dabei von Mimi. Die einsame Blumenstickerin sucht Kontakt und fragt bei Rodolfo an, ob ihr jemand die Kerze wieder anzünden könne – die sie kurz vor seiner Wohnungstür ausgeblasen hat 😉
Es folgt ein Liebesgeplänkel mit bekannten Arien „Wie eiskalt ist das Händchen“…
Mimi und Rodolpho tun einiges, um beieinander zu bleiben.
Mimi lässt ihren Schlüssel fallen, Rodolfo findet ihn in der Dunkelheit nicht, weil auch er (un)absichtlich seine Kerze ausbläst. So bleibt ihnen nichts weiter übrig, als sich schnell ineinander zu verlieben und die Mansarde miteinander zu teilen.
2. Bild – Weihnachtsfeier der Freunde im Café
Später gehen sie durch die Gassen von Paris zum Feiern ins Lokal. Diese Zwischenszenen des Pariser La Boheme werden mit viel Musik, Kinderchor, Chor, Spielzeugverkäufer und Lokalkolorit ausgefüllt.
Im Café wird Mimi den Freunden vorgestellt. Später erscheint die schöne Musetta mit ihrem betagten, aber steinreichen Liebhaber, dem Staatsrat Alcindoro. Marcello beachtet sie nicht, was sie anstachelt, ein Lied auf ihre Unwiderstehlichkeit zu singen. Damit singt sich Musetta wieder in Marcellos Herz. Ihren alten Liebhaber schickt Musetta los, um ihren Schuh reparieren zu lassen.
Ehe er zurückkommt, machen sich Rodolfo, Mimi, Marcello, Schaunard, Colline und Musetta aus dem Staub. Dem greisen Liebhaber Alcindoro hinterlassen sie die Rechnung für ihr Gelage.
3. Bild – Mimi sucht und findet Rudolfo im Haus auf dem Lande
Mimi sucht Rodolfo, der sie am Morgen verlassen hat. Sie findet ihn bei Marcello, der für eine Wirtschaft eine Hausfassade bemalt und für diese Zeit mit Musetta in dem Haus auf dem Lande wohnt. Wieder große Chorszenen mit Landleuten, Soldaten, Zollwachen, Bäuerinnen. Hier zeigen Regisseure und Ausstatter ihr Bestes.
Mimi klagt Marcel unter Hustenanfällen ihr Leid, denn Rodolfo hat sich als sehr eifersüchtig erwiesen. Jetzt, wo sie ihn gefunden hat, will sie zwar sofort wieder gehen, versteckt sich aber und belauscht heimlich die Auseinandersetzung der beiden Freunde.
Mimi erfährt den wahren Grund
Rodolfo liebt zwar Mimi immer noch, möchte sich aber von ihr trennen, damit sie sich einen reichen Mann suchen kann. Wegen Mimis Krankheit fühlt er sich schuldig, denn in seiner Mansarde ist es bitterkalt. Wie immer fehlt es an Heizmaterial.
Mimi und Rudolfo versöhnen sich; Musetta und Marcello zanken sich
Als Mimi hört, dass er sie vor lauter Sorge um ihre Gesundheit verlassen hat, kommt sie aus ihrem Versteck hervor. Zu Beginn des langen Versöhnungsduettes von Mimi und Rodolfo bemerkt Marcello, dass seine Musetta mit den anderen Männern im Haus turtelt. Während Mimi und Rodolfo auf einer Seite der Bühne von Blumen und Vögeln singen, fliegen gleichzeitig auf der anderen Seite der Bühne bei Musetta und Marcello die Fetzen. Die Zuschauer bekommen Bruchstücke davon mit:
„Lilien und Rosen“ … „Kneipenschildermaler“ … „Vöglein zwitschern“ … „Schlange du“ …“dir gehör‘ ich fürs Leben“ … „Ich bin doch nicht mit dir verheiratet“ …
4. Bild – Marcello, Rodolfo, Schaunard, Colline – wie immer ohne Geld
Marcello, der Maler, und Rodolfo, der Poet, sitzen zusammen im Atelier. Ihnen geht die Arbeit nicht von der Hand, denn beide leiden an Liebeskummer. Musetta und Mimi haben sie seit Monaten nicht gesehen. Als der Musiker Schaunard und der Philosoph Colline dann auch noch mit einem einzigen Salzhering für das gemeinsame Abendessen erscheinen, albern sie herum, statt in Jammer über ihre Armut zu zerfließen. Sie äffen die feinen Damen beim Tanz nach und duellieren sich wie die feinen Herren – mit Schürhaken und Kohlenschaufel.
Mimis große Sterbeszene
In den ausgelassenen Trubel platzt Musetta. Sie kündigt Mimi an, die vor Schwäche nicht die Treppe hochkommt. Mimi hat ihren Grafen verlassen, obwohl es ihr immer schlechter ging. Als Letztes möchte sie Rodolfo wiedersehen.
Es folgt eine der wohl ergreifendsten und längsten Sterbeszenen der Operngeschichte, für die Taschentücher bereit liegen sollten. Aufwühlende Musik kombiniert mit zu Herzen gehenden Bildern. Musetta versetzt ihre Ohrringe, um einen Muff für Mimis kalte Händchen zu besorgen, Marcello kauft ihr Medizin, Colline bringt seinen geliebten Mantel – dessen Taschen schon so viele Philosophenbücher beherbergten – ins Pfandleihhaus und Schaunard geht vor die Tür, damit die Liebenden allein sein können. Trotz der letzten Fürsorge der Freunde stirbt Mimi.
Wenn da am Ende noch ein Auge trocken bleibt, ist mit der Inszenierung etwas schief gelaufen.
La Bohème / Die Bohème, Oper in vier Bildern mit Musik von Giacomo Puccini.
Insgesamt ist „La Boheme“ eine Oper, die sowohl musikalisch als auch emotional beeindruckt. Sie erzählt eine Geschichte von Liebe, Freundschaft und Verlust und hinterlässt beim Publikum einen bleibenden Eindruck. Das Libretto schrieben Giuseppe Giacosa und Luigi Illica, nach dem Roman (erschienen 1851) „Scènes de la vie de Bohème“ von Henri Murger. Das Schauspiel „La vie de Bohème“ von Henri Murger und Theodore Barrière wurde 1849 uraufgeführt.
Die Uraufführung der Oper fand am 1. Februar 1896 in Turin (Teatro Regio) unter Arturo Toscanini statt. Die deutsche Erstaufführung am Deutschen Opernhaus in Berlin dirigierte Ignatz Waghalter. Die Oper spielt im Winter um 1830 herum in Paris. Die Spieldauer beträgt circa 1 Stunde 50 Minuten.
Personen:
Rodolfo, Dichter (Tenor); Schaunard, Musiker (Bariton); Marcello, Maler (Bariton); Colline, Philosoph (Bass); Mimi (Sopran); Musetta (Mezzosopran); Benoît, Hausherr (Bass); Alcindoro, Staatsrat (Bass); Parpignol (Tenor); Sergeant der Zollwache (Bass); Ein Zöllner (Bass); Chor; Studenten, Näherinnen, Bürger, Verkäufer und Verkäuferinnen, Strassenhändler, Soldaten, Kellner, Knaben, Mädchen, usw.
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La Boheme – Aufführungen
Die Oper La Boheme gehört zum Repertoire und steht fast in jeder Spielzeit auf dem Spielplan der meisten Opernhäuser. Manche Inszenierungen sind derart beliebt, dass sie jahrelang immer wieder gespielt werden – allerdings mit wechselnden Besetzungen.
La Boheme Oper Stuttgart – Weihnachten vor der Markthalle
Vieles ist neu und ungewohnt in der Inszenierung von „La Boheme“ in der Oper Stuttgart.
La Boheme in der Oper Stuttgart: Mimi und Rodolfo bilden ein schönes Paar.
Atalla Ayans strahlender Tenor erntet zwischendurch immer wieder Szenenbeifall. Zusammen, mit Pumeza Matshikiza als Mimi, sind beide stark in den lyrischen Szenen. Hingebungsvoll singen sie das Liebesduett, in dem sie sich gegenseitig vorstellen.
André Morsch’s optimistische Stimme passt zu Schaunard, dem Musiker. Er versorgt die Freunde gut gelaunt mit Essen, Rotwein und frischem Geld, auf das die drei ausgemergelten Künstler sich sofort stürzen. Ronan Collett, der problembehaftete Marcello, lässt durch seine Stimmfärbung emotional privaten und beruflichen Frust heraus. Adam Palkas Bass bringt als ewig schlecht gelaunter Philosoph Colline mit tiefer Stimme eine Prise Pessimismus in die Gesellschaft. Musetta (Yuko Kakuta) wird durch die Regie kühl und schrill interpretiert. Hauswirt Benoît (Mark Munkittrick) düpiert durch sein Verhalten nicht nur das Künstlerquartett.
La Boheme – so ist das Künstlerleben!
Im Gegensatz zur Leichtigkeit Musik, die zu den jungen, beweglichen Sängern passt, zeigt Andrea Moses die negativen Seiten des Künstlerlebens. Sie verlegt die Oper in die Jetztzeit. Eine Hälfte der Bühne zeigt das unwohnliche Männer-Domizil mit zeitgemäßen Werkzeugen wie Laptop, Mischpult, Kameras, mit denen sie sich filmen. Die andere Hälfte ist mit übereinander gestapelten Fernsehern vollgestopft, die ständig ihre gefilmten bunten Videos senden. Marcello bearbeitet sein Bild auf der Staffelei mit dem Beil, während Rodolfo lustlos auf seinem Laptop herumhackt. Verheizt werden die Gedichte, die der Drucker ausspuckt – keine Originalmanuskripte. Nicht das Sorgenfreie verkörpern diese Künstler – eher die kreative Krise.
La Boheme: Zarte Musik – knallbuntes Bühnenbild
Begeisterung kommt bei den Lokalpatrioten auf, wenn im zweiten Akt statt im Pariser Quartier Latin das Café Momus gegenüber der Stuttgarter Markthalle platziert ist. Die Weihnachtsfeier findet stilecht auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt statt, dessen Weihnachtsbaum der Stern eines weltweit operierenden Autokonzerns mit Hauptsitz in Untertürkheim krönt. Wie aus einem Comic entsprungen wirken die Kostüme von Anna Eiermann. Passend zum Bühnenbild mit den Graffitis von Stefan Strumbel.
Mimi sucht und findet Rodolfo im Rotlichtviertel. Marcello lässt Graffiti-Elemente an der Fassade anbringen, Musetta geht anschaffen. Prostituierte werden von ihren Zuhältern vom bemalten Blech-Container zum Schaufenster gescheucht, in dem schon Musetta einen Tanz vollführt. Die „Milchmädchen“ schieben einen Abfallbehälter vom Supermarkt heran, aus dem sie Paletten mit Lebensmitteln hervorholen und verteilen.
La Boheme Oper Stuttgart: Taschentücher bleiben trocken!
Mimi wird oft gefilmt, was nervt und ablenkt. Ruhiger sind die Videos in Mimis Sterbeszene, siehe-> Mimis große Sterbeszene Auf einer riesigen Leinwand im Hintergrund bleibt der Film mitten in der Bewegung stehen. Wenn sie sich mit Rodolfo versöhnt, lächelt sie von der Rückwand. Wenn sie für immer die Augen schließt, verharrt das friedliche Bild groß auf der Leinwand, bis der Vorhang fällt.
Es war die erste La-Boheme-Inszenierung, bei der meine vorsorglich bereitgelegten Taschentücher trocken blieben. Auf der Bühne war einfach zu viel Gewusel.
La Boheme von Giacomo Puccini in der Oper Stuttgart
Musikalische Leitung: Simon Hewett, Regie: Andrea Moses, Bühne: Stefan Strumbel, Co-Bühnenbildnerin: Susanne Gschwender, Kostüme: Anna Eiermann, Licht: Reinhard Traub, Chor und Kinderchor: Christoph Heil, Dramaturgie: Thomas Wieck, Moritz Lobeck
Fotos: A.T. Schaefer
Besetzung am 4. Juni 2014:
Rodolfo: Atalla Ayan, Schaunard: André Morsch, Marcello: Ronan Collett, Colline: Adam Palka, Benoît: Mark Munkittrick, Mimì: Pumeza Matshikiza, Musetta: Yuko Kakuta, Mit: Staatsopernchor Stuttgart, Staatsorchester Stuttgart
La Boheme im Pfalztheater: Betonwand öffnet sich zum nachtblauen Meeresblick
Eine Neuinterpretation der Oper La Boheme von Giacomo Puccini bringt das Pfalztheater Kaiserslautern. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie viel Kreativität mit jeder neuen Inszenierung freigesetzt wird. Selbst bei diesem oft gespielten Stück variieren Bühne (Thomas Dörfler), Kostüme (Heiko Mönnich) und Inszenierung (Thomas Wünsch). Sie zaubern eine Stimmung fremdartigen Künstlerlebens.
Ein Industrie-Wendeltreppe – bevorzugter Aufgang und Abgang der Sänger – führt hinunter ins Untergeschoss einer großen Halle. Hier leben die vier Freunde. Rodolfo (Pedro Velázquez Díaz) der Dichter, wirkt noch am bürgerlichsten in seinem Anzug, die Krawatte immer offen herunter hängend. Marcello (Gukhoe Song), der eifersüchtige Maler und Schaunard (Daniel Böhm), der immer gut gelaunte Musiker kommen eher als Bohemiens daher. Und der griesgrämige Philosoph Colline (Alexis Wagner) sieht in seiner schwarzen Kluft mit den Springerstiefeln aus, als gehöre er zu den Grufties, die den Platz direkt vor dem Theater bevölkern. Mimi (Adelheid Fink) kleidet sich straßenköterfarben unauffällig, während Musette (Arlette Meißner) in rotem Abendkleid und weißem Hosenanzug schillerndes Flair hineinbringt.
Betonmauern brechen auf und geben den Blick aufs Meer frei
In der Liebesszene von Rodolfo und Mimi teilt sich die Betonmauer und gibt den Blick aufs dunkelblaue Meer frei – am Horizont ein nachtblauer Himmel. Beide gehen Hand in Hand ins immer heller werdende Blaue, während sie sich klar mit ihren dunklen Silhouetten vor der beginnenden Tageshelle abgrenzen.
In Mimis Sterbeszene beherrscht die Bühne ein riesiges Loch in der Wand. Die Steine liegen dazwischen auf einem Haufen, darauf thront der Mond als Riesenkugel. Im Laufe von Mimis Krankheit öffnen sich die Mauern und lassen den Blick frei auf das dunkelblaue Meer mit einem nachtblauen Horizont, der immer dunkler wird.
Adelheit Fink als Mimi agiert sowohl mit Stimme als auch Darstellung stark überzeichnet.
während Pedro Velázquez Díaz (Rodolfo), Arlette Meißner (Musetta), Gukhoe Song (Marcello),
Daniel Böhm (Schaunard) und Alexis Wagner (Colline) sich stimmlich eher zurückhalten, darstellerisch aber gut in Form sind.
Das gut aufgelegte Pfalzorchester spielt unter dem Dirigat von Till Hass.
La Bohème – Oper von Giacomo Puccini im Pfalztheater Kaiserslautern
Till Hass (Musikalische Leitung)
Thomas Wünsch (Inszenierung)
Thomas Dörfler (Bühne)
Heiko Mönnich (Kostüme)
Ulrich Nolte (Choreinstudierung)
Besetzung am 19. März 2011
Adelheid Fink (Mimi)
Pedro Velázquez Díaz (Rodolfo)
Arlette Meißner (Musetta)
Gukhoe Song (Marcello)
Daniel Böhm (Schaunard)
Alexis Wagner (Colline)
Shin Nishino (Parpignol)
Frank Gersthofer (Benoît/Alcindor)
Hubertus Bohrer (Sergeant)
La Boheme mit grossen Opernstars im Kino
La Bohème von Giacomo Puccini – Film von Robert Dornhelm mit Anna Netrebko und Rolando Villazón
Wer sich wegen Anna Netrebko und Rolando Villazón den Film anschaut, kommt voll auf seine Kosten. Anna Netrebko verleiht Mimi durch ihren melodischen Sopran eine gewisse Zartheit, obwohl es mit ihrem Äusseren kollidiert. Sie sieht mit ihrer toupierten Frisur (Maske: Hannelore Uhrmacher, Adolf Uhrmacher), dem extratiefen Dekolletee und den rot, röter, am Rötesten geschminkten Lippen – farblich passend zum roten Samtkleid (Kostüm: Uli Fessler) – ungefähr so aus wie Liz Taylor im Kleopatra-Film. Kein Wunder, dass die Frau so friert und schliesslich an Schwindsucht stirbt!
Rolando Villazon als Rodolfo brilliert sowohl als grossartiger Sänger als auch imponierender Darsteller. So, wie er die Mimi anschmachtet und sich um ihre Krankheit besorgt zeigt, fliegen ihm alle Frauenherzen zu. Sein Rodolfo verkörpert die selbstlose Liebe eines armen Poeten, der seine Mimi liebt und nur das Beste für sie möchte, selbst wenn sie ihn dafür verlassen wird.
Musik und Orchester:
Alle, die diese Oper wegen der Musik lieben, hören das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der musikalischen Leitung von Bertrand de Billy mit hervorragenden Sängern. Die musikalische Einspielung stammt aus der Aufzeichnung der konzertanten Aufführung von „La Bohème” im April 2007 in der Münchener Philharmonie am Gasteig. Deshalb werden einige Darsteller im Film durch Sänger dieser Aufzeichnung ersetzt.
Typen:
Durch den Film wirbelt der lebenslustige Musiker Schaunard (Adrian Eröd), der von heute auf morgen lebt und immer Glück zu haben glaubt (Gesang: Stéphane Degout).
Der bullige und griesgrämige Colline (Vitalij Kowaljow) verkörpert mit seiner Figur und seinem Bass den schwerfälligen Philosophen. Als er nach Schaunards unverhofftem Geldsegen sogar zum Friseur gehen kann, entlockt er seinem zivilisierten Spiegelbild so etwas wie ein zaghaftes Lächeln. Leider lässt seine Wirkung trotz der Frisur bei Frauen zu wünschen übrig. Sie laufen vor seinen Plattheiten davon.
Stürmisch zeigen sich Marcel (George von Bergen), der eifersüchtige Maler (Gesang: Boaz Daniel) – der seine Musetta liebt, aber es auf keinen Fall zeigen will – und die verführerische Musetta (Nicole Cabell) mit ihrem starken Sopran und der erotischen Ausstrahlung. Wenn Marcel im Café so tut, als sähe er sie nicht, bringt er Musetta zum Rasen. Erheiternd die Szenen, wie er sich abwendet und schmollt. Auf sein theatralisches: „Bindet mich fest!“ springen die Freunde auf, binden ihn mit einem Schal an den Stuhl und tanzen um ihn herum. Diese burlesken Eifersuchts- und Versöhnungsszenen von Musetta und Marcel sind mit der Musik zusammen so selbstverständlich, dass man es sich gar nicht mehr anders vorstellen kann.
Bühnenbild und Kostüme im Film „La Boheme“ – Arme Künstler im idyllischen Paris
Ein Atelier mit riesigen Dachflächenfenstern gibt den Blick frei über die Dächer von Paris – sofern die Scheiben von den Eisblumen befreit werden. In der spärlich möblierten Mansarde mit vielen an die Wände gelehnten Bildern steht als Mobiliar ein Tisch zum Schreiben der Romane, vier Stühle, an denen die Freunde ihr gemeinsames Mahl einnehmen und eine vollkommen zerschlissene Ottomane (auf der Mimi am Ende stirbt).
Die Kulissen erinnern stark an Bühnenbilder (Ausstattung: Florian Reichmann).
Der Blick in den Innenhof und die Gassen mit ihren Kopfsteinpflastern bezaubert. Wie von Puccini vorgeschrieben, laufen dort geschäftig die Studenten, Näherinnen, Bürger, Hausierer, Soldaten, Spielzeugverkäufer hin und her und singen oder bewegen sich im Takt der Zwischenmusik. Gehalten sind die Kostüme genau in der 1830er Mode (Kostüm: Uli Fessler).
Ausstattung im Film „La Boheme“
Diejenigen, die romantische Opern mit einer opulenten Ausstattung lieben, erleben eine Aufführung, die sich eng an die Regieanweisungen des Originals von Henri Murger hält, mit einem leichten Disney-Touch.
Film oder Opernbühne?
Gedreht wurde nur im Studio, und zwar mit den Mitteln des Films.
Für das Kinopublikum bleibt das Gefühl von Bühne, erlebt aber nicht vom Zuschauerraum aus wie im Theater, sondern mitten drin aus verschiedenen Positionen
– mit vielen Nahaufnahmen, manchmal sogar von oben herab –
und es schneit und schneit und schneit…
Opernneulinge
Empfehlen kann ich diesen Film auch denjenigen, die einmal in eine Oper hineinschnuppern möchten, ohne sich der Prozedur eines Opernbesuchs unterziehen zu müssen. Sie finden hier einen eleganten Einstieg und vielleicht auch Lust auf mehr.
Kurze Untertitel tragen viel zum Verständnis bei, ohne vom Geschehen abzulenken. Es ist, als ob in einer fremden Sprache gesprochen wird – in diesem Falle italienisch.
Fazit:
Alles in Allem ist dieser Film ein Opernerlebnis der besonderen Art, wobei es immer auf die Klangqualität des Kinos ankommt.
In dieser Hinsicht hatte ich Glück.
Dafür hörte ich überdeutlich das Popcorntütengeknister und die Kommentare der „Opernkenner“.
„LA BOHÈME“ – Film von ROBERT DORNHELM
Produktion: MR-Film, Unitel
Produzenten: Kurt J. Mrkwicka, Jan Mojto
Key Executive Producer: Andreas Kamm
Executive Producer: Catharina Mojto
Co-Executive Producer: Oliver Auspitz
Produktionsleitung: Christian Wolf
Regie und Drehbuch: Robert Dornhelm
DOP: Walter Kindler
Camera Operator: Stephan Mussil, Stefan Biebl
Oberbeleuchter: Kurt Jancik
Ton: Thomas Schmidt-Gentner
Kostüme: Ulli Fessler
Maske: Hannelore Uhrmacher, Adolf Uhrmacher
Szenenbild: Florian Reichmann
Schnitt: Ingrid Koller
Darsteller: Anna Netrebko, Rolando Villazón, Nicole Cabell, George von Bergen, Adrian Eröd, Vitalij Kowaljow, Tiziano Bracci, Ernst-Dieter Suttheimer, Ioan Holender, Konrad Huber, Mario Steller, Nick von der Nahmer, Bertrand de Billy
Drehzeit: Februar 2008
Drehort: Wien
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