Rund um den Erdball bauen die Menschen ihre Häuser mit Ziegeln, denn fast überall auf der Welt ist Ton/Lehm im Boden vorhanden. Meist wird der Ton gebrannt. Wenn das Material zum Feuern fehlt, werden an der Luft getrocknete Lehmziegel verbaut.
Neben einigen Privathäusern finden sich in dem neuen Buch über Ziegelarchitektur „Brick 14“ überwiegend Beispiele von großen Gebäuden – Schulen, Wohnblocks, Kirchen, Museen.
Ein Paradebeispiel für Nachhaltigkeit, Sparsamkeit, Eigeninitiative und Schonung der natürlichen Ressourcen steht mitten in einer Zimtplantage in Indonesien. Sowohl das Baumaterial als auch die Bauarbeiter stammen aus dem unmittelbaren Umkreis der Plantage – lediglich ein Team von norwegischen Architekten kam für 3 Monate angereist, um den Bau zu managen. Nicht einmal Bäume wurden gefällt für diese Zimtbauern-Berufsschule von 600 Quadratmetern Fläche. Verschieden große Häuser wurden einfach um die Bäume herum gebaut. Alle vereinen sich unter einem einzigen Pultdach – einem Vorhimmel aus Wellblech. Wer mit Wellblech überhitzte Räume in Verbindung bringt, findet genau das Gegenteil. Nicht direkt auf den Häusern liegt das Dach, sondern darüber. Mit einem großen Luftabstand steht es auf Ständern aus Zimtbaumholz. Durch die Thermik kühlt es in der Trockenzeit ein paar Grad ab und schützt in der Monsunzeit vor Regen. Die insgesamt 140.000 Ziegel stellten die Bauarbeiter selbst her, und zwar aus dem Lehmboden der Plantage. Gebrannt wurden die Ziegel mit dem Abfallmaterial der Zimt- und Reisproduktion. Im wahrsten Sinne des Wortes wurde die Schule „von Nichts“ aus dem Boden gestampft. Damit kostet das Baumaterial weniger als mit Ziegeln, die hierher transportiert werden müssten. Genau so verhält es sich mit dem Holz von Fenstern und Türen – reines, duftendes Zimtholz. Wer meint, dass dieser Bau eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Jahre war, der irrt gewaltig. 70 Facharbeiter und Laien fertigten den Bau von der Grundsteinlegung bis zum Einzug in gerade mal 6 Wochen. Super in jeder Beziehung.
Nicht nur für eckige Bauten eignen sich Ziegeln. Bögen gehören ebenfalls zu den Charaktermerkmalen. Nicht nur Torbögen, sondern sogar geschwungene Dächer wie auf einem chinesischen Kulturzentrum mit über 4.000 Quadratmetern. Sie erinnern einerseits an die traditionellen Dächer und andererseits an Wellen, die eins hinter dem anderen schwingen – jede nach ihrem eigenen Rhythmus.
Ebenfalls als Riesenwelle, direkt am Meer, ist das Kirchendach konzipiert. Mit Schwung rollt es über die Kirche, mit dem hohen Teil mündet es in einem Glockenturm. Statt Kirchenfenster an den Seiten sind Lamellen auf dem Dach angebracht, die das Sonnenlicht in die Kirche bringen. Statt Wandschmuck reflektieren sie auf der weißen Wand, laden ein zum Meditieren.
Wer in die Decke des Kunstmuseums Ravensburg schaut, sieht ein Gewölbe besonderer Art. Wie der Länge nach aufgeschnittene Trichter, jeweils mit der kleinen und großen Öffnung nebeneinander – und das in beträchtlichen Ausmaßen.
Originell und kurios wirkt Astley Castel, eine Ruine eines alten englischen Herrenhauses, dessen älteste Überreste von 1555 stammen. Jahrhundertelang wurde seit Elisabeth I. an diesem Bau erweitert und modernisiert, so dass Historiker ihre Freude an der Bestimmung der unterschiedlichsten Stile haben. 1978 brannte es aus und wurde von der Natur zurückerobert. Schaut man jetzt von Weitem auf das Gebäude, scheint dieser Zustand noch zu bestehen, trotz des Umbaus zu einem bequemen Hotel. Außen wie innen stehen immer noch die dicken Mauern, teilweise mit Moos bewachsen oder mit Brandspuren markiert. Die Ruine blieb erhalten, die Löcher dazwischen sind mit Ziegelwänden gefüllt, weitaus dünner als das 120 cm dicke Gemäuer. Vieles blieb erhalten, allerdings die berühmte Zugigkeit der Landschlösser ist passé – dank einer Fußbodenheizung. Astley Castel wird heute als Luxusherberge vermietet.
50 ausgewählte Projekte mit Erläuterungstexten, Fotos und Plänen – Brick 14: Ausgezeichnete Ziegelarchitektur international, Wienerberger Wienerberger AG (Herausgeber) EUR 49,95, Verlag: Callwey (5. Mai 2014)
Ziegel:
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