Wenn fünf Männer eine Senioren-WG gründen, kann es von den Tücken des Zusammenraufens bis zum allerletzten Ende turbulent zugehen.
Sie kennen sich seit ihrer Kindheit, und das ist schon sehr lange her.
Damals waren sie der Schrecken der Schule, wenn nicht des ganzen Städtchens. Ihre beruflichen Wege trennten sich, aber sie fanden mindestens einmal im Jahr zusammen. Ihre Freundschaft überdauerte diverse Partnerschaften und Ehen. Jetzt gründen die fünf Freunde eine Wohngemeinschaft – vollkommen allein in einer komfortablen Villa am Chiemsee – gegenüber von Schloss Neuschwanstein. Sofern die Zahlungen pünktlich eintreffen, sind Kinder aus verschiedenen Ehen, diverse Ehefrauen und Lebensgefährtinnen ganz froh darüber.
Die fünf Männer sind jedes für sich Originale, die mit der Zeit immer mehr Mödele entwickeln. Heinrich, der Lebensmitteltechnologe, der einst die Leberwurst ohne Leber erfunden hat, schwenkt total um. Im Supermarkt versucht er die Kunden auf den rechten Bioweg zu bringen. Wenn er randaliert, liefert ihn die Polizei in der WG ab. Wilhelm, der Jurist einer Versicherungsgesellschaft, brachte im Laufe seines Berufslebens verschiedene Versicherer um ihr Vermögen, dafür seiner Firma umso mehr. Jetzt haut er kostenlos arme Leute heraus, die von der Versicherung über den Tisch gezogen werden. Siegfried, der Intendant, der sein Leben lang in den Metropolen gern alle und jeden provozierte, führt mit Hingabe Regie im Laien-Bauerntheater. Carl, der Vielverheiratete und Öftervater, war Chefredakteur bei diversen schöngeistigen Magazinen, die alle irgendwann einmal pleite machten. Aus diesen Gründen verfügt er über wenig Geld und kaum Rente. Ernst, der Software-Unternehmer, verfügt dagegen über viel Geld, das er teilweise in die Villa samt komfortablen Umbau in seniorengerechte Wohnungen steckt. Er kann das Programmieren nicht lassen und baut ständig Vereinfachungen ins Haus, die das Leben so lange komplizieren, bis sie wieder deinstalliert sind.
Ernst programmiert das Todesengel-Programm.
Irgendwann wird den Fünfen klar, dass sie nicht am Lebensende am Tropf hängen oder geistlos dahinsiechen möchten. Wie immer im Leben möchten sie die Kontrolle auch an ihrem Ende behalten. Jeder darf den Zeitpunkt seines Todes selbst bestimmen. Ernst programmiert das Todesengel-Programm. Jeder gibt ein, wer von den Freunden ihm seinen letzten Trunk verabreichen soll. Keiner darf es vom anderen wissen. Dummerweise trifft es in der Folge immer nur einen, der bald auch nicht mehr mag.
Als Wilhelm zum Pflegefall wird, suchen sie sich im Internet eine Krankenschwester aus. Die Zeugnisse können sie nicht lesen, denn die Pflegerin kommt aus Kirgisien. Sie gehen rein nach der Optik. Dafür putzen sie das Haus und werfen sich in Schale, bevor sie zum Flughafen fahren, um Katarina abzuholen. Aber von der Frau auf dem Foto fehlt jede Spur. Dafür kommt eine mindestens doppelt so alte und doppelt so breite Frau auf sie zu, die sich als die erwartete Katarina vorstellt. Das Bild war von ihrer Nichte, die es für einen Modelwettbewerb anfertigen ließ.
Katarina wird zur guten Seele der WG. Sobald ein Zimmer infolge des Todesengel-Programms frei wird, hat Katarina schon einen neuen Bewohner parat. Als einzige Überlebende schreibt sie am Ende das Schlusswort.
Christof Poschenrieder lässt Bilder im Kopf entstehen.
Durch die Kraft seiner Worte beschreibt er plastisch die Typen der Senioren-Villa. Vieles ist zum laut herausplatzen, obwohl die Bilder im Hinterkopf lediglich durch die eigene Fantasie hervorgerufen werden. Trotz des Humors kann es auch nachdenklich zugehen, denn von Alzheimer bis zum Schlaganfall sind sämtliche Krankheitsbilder genau beschrieben. Individuelle Zipperlein plagen alle fünf WG-Mitglieder.
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Mauersegler von Christoph Poschenrieder, Verlag: Diogenes; (26. August 2015), Sprache: Deutsch, ISBN-10: 3257069340
Elefanten können sehr alt werden, sind eitel und vergessen nichts – bis an ihr Lebensende.
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