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♀ 8ung Testfahrerin! VW Beetle TDI: Ein Käfer macht noch keinen Volkswagen

Es macht Spaß, immer etwas Neues zu probieren. Deshalb schlucke ich die Kröte und nehme den VW Beetle TDI als Herausforderung an. Meine Teststrecke beträgt zweimal  330 Kilometer Autobahn und 10 Kilometer An- und Abfahrt. Würde ich dieses Auto nur aus den lustigen Trickfilmen kennen, würde ich jetzt sicher einen freudigen Luftsprung machen.

VW Beetle TDIKÄFER – das stand in meiner Jugend als ein anderes Wort für Spießigkeit hoch zehn, samt röhrendem Hirschen über dem Wohnzimmersofa und gehäkelter Klopapierhaube auf der Hutablage. So hieß das Brett unter der Heckscheibe, selbst als keiner mehr freiwillig einen Hut aufsetzte. Schon damals galt der Käfer als ein „altes“ Auto mit altbackenem Rentnerimage. Berüchtigt war der Käfer für seinen weit ausladenden Wendekreis. Böse Zungen behaupten sogar, der Kreisverkehr wurde seinetwegen erfunden.

 Beetle oder Käfer?

Der Sitz lässt sich gut einstellen. Aber alles rücken nach vorn, hinten, sogar oben und unten nützt nichts – es will und kann nicht passen. Die Nackenstützen bleiben zwei Zentimeter über dem Sitz stehen und lassen sich nicht weiter in die Rückenlehne hineinschieben. Lehne ich mich an, wird mein Hinterkopf nach unten gedrückt – die typische Doppelkinnstellung. Um auf die Straße zu sehen, muss ich mich aufrecht hinsetzen und den subergonomischen Hinterkopfbeuger überlisten. Ein Kissen in der klaffende Lücke zwischen Rücken und Rückenlehne mildert zwar die Haltung; länger als zwei Stunden halte ich es trotzdem nicht aus – danach hilft nur noch Massage und Gymnastik gegen Genickstarre und Rückenschmerzen.
Die „Rückbank“ lässt sich nach wie vor nur über zurückgeklappte Vordersitze erklettern. In Zeiten, als noch niemand an Sicherheitsgurte dachte, beherbergte diese Wanne bis zu fünf Kinder, die auf dem Schoß von Oma und Opa saßen.
Mit dem Rückspiegel kommt der nächste Schock. Der scheint vom Miniausmaß her original zu sein. Jetzt fehlt nur noch die Mittelrippe, schon ist das Rückfenster-Gefühl des Urkäfers komplett.

 

Vieles ähnelt dem Golf.

Siehe -> 8ung Testfahrerin! VW Golf Variant 77
Die Lüftung funktioniert einwandfrei ohne störendes Gebläse. Leider gibt es sowohl beim Licht als auch beim Scheibenwischer keine Automatik wie beim Golf. Das Licht habe ich, wegen der zahlreichen Tunnel auf der Strecke, gleich angelassen, und die Scheibenwischer durfte ich in allen Stärken ausprobieren. Sie schafften es sogar, die durch einen Schwarm tieffliegender Vögel bekleckerte Scheibe sauber zu putzen. Den Schalter für den Heckscheibenwischer suchte ich vergebens. Auch der Beifahrer fand nichts in der Betriebsanleitung. Kein Wunder; es gibt zwar eine beschlagene und fast undurchsichtige Heckscheibe, aber keinen Scheibenwischer.
Im Unterschied zum Golf-Benziner zieht der Beetle-Diesel deutlich besser und schluckt deutlich weniger.  Für eine Strecke von fast 700 Kilometern verbrauchte der Beetle 36 Liter Diesel für 52 Euro, also circa 5 Liter auf 100 Kilometer.

Große Klappe und nichts dahinter.

VW Beetle TDIGerade mal ein Minikoffer, ein Wäschesack und eine Gemüsekiste haben im Kofferraum Platz. Dafür reicht die Klappe aber so hoch, dass ich zum Zuklappen hochspringen muss. Geschlossen wird sie mit einem festen Knall – genau wie früher (da musste man sich manchmal noch auf die Kühlerhaube setzen, damit sie einschnappte). Dass sie fest geschlossen werden muss, habe ich aber leider erst nach der Pause bemerkt. Solange noch etwas geöffnet ist, zeigt der Autoumriss im Cockpit an, wo – in diesem Falle am hellen Hinterteil. Nach dem festen Zuklappen ist der Autoumriss verschwunden und ich sehe plötzlich an dieser Stelle die Uhrzeit und die gefahrenen Kilometer.

 

Von diesem Auto kommt das Vorurteil: Frauen können nicht einparken – und zwar mit Recht!

Frauen sind selten (Sitz) Riesen. Die Fenster sind extrem hoch angesetzt, die Heckscheibe immer noch kleiner als üblich und dazwischen behindert ein  Karosserieteil die Sicht – somit konnten die wenigsten Frauen die Straße sehen. Auch ich durfte die Zuschauer – besonders die männlichen – mit Einparkkünsten erfreuen. Sogar noch mit 2x Vorwärts- und Rückwärtsfahren, bis die aufgeblasenen Kotflügel endlich die Parklücke füllten.

Eine Spielerei gibt es noch, die ich allerdings nicht ausprobiert habe.

In einer Funktion kann die Geschwindigkeit gehalten werden. Sicher, es ersetzt den früher üblichen Ziegelstein auf längeren Fahrten, als das Gaspedal noch schwer nach unten getreten werden musste. Damals fuhren höchstens fünf Autos auf einem Kilometer Strecke und alle im gleichen Tempo. Wo sollte frau denn heute so etwas einsetzen? Auf meinen Autobahnstrecken kann ich kein gleichmäßiges Tempo einhalten, ohne die anderen Verkehrsteilnehmer zu gefährden.

 

Wie viel Käfer steckt im Beetle?

Von Weitem sieht er aus wie der Urporsche. Wem es darauf ankommt, nach außen zu wirken, hat die richtige Wahl getroffen. Im Grunde genommen ist vom alten Käfer lediglich die Karosserie übrig geblieben als gelungenes Beispiel für die These, dass früher durchaus nicht alles besser war. Möge dieser Brummer fortan an mir vorüberziehen.

 

Testfahrerin:

  • Es macht Spaß, immer etwas Neues zu probieren. Deshalb schlucke ich die Kröte und nehme den VW Beetle TDI als Herausforderung an. Meine Teststrecke beträgt zweimal  330 Kilometer Autobahn und 10 Kilometer An- und Abfahrt. Würde ich dieses Auto nur aus den lustigen Trickfilmen kennen, würde ich jetzt sicher einen freudigen Luftsprung machen. KÄFER – […]
  • Für eine Teststrecke von 330 Kilometern Autobahn und 10 Kilometern An- und Abfahrt, unter normalen Bedingungen, testet unsere Nicht-gern-Fahrerin den VW Golf Variant nach weiblichen Kriterien. Im Alter wird frau bequem. Ich lasse mich gern mit öffentlichen Verkehrsmitteln kutschieren. Sobald ich ein Auto brauche, miete ich eins für eine bestimmte Zeit. Heute ist es ein […]