Wie die Zeit vergeht …
Aufführung der Oper Chowanschtschina am 18. November 2010 mit Matti Salminen, der an diesem Tag sein 40jähriges Bühnenjubiläum an der Hamburger Staatsoper feiert.
Schöne, dunkle Stimmen dominieren diese Opernaufführung. Als Mittelpunkt des Abends sei Matti Salminen genannt mit seinem schwarzen Bass, gepaart mit darstellerischen Talent. Meine Favoritin des Abends ist Elena Zaremba als Marfa mit ihrer warmen, tiefen Stimme. Ebenfalls volltönend und dunkel die Stimme von Tigran Martirossian als der Priester Dossifej.
Inszenierung von Harry Kupfer, Bühnenbild von Hans Schavernoch, Kostüme von Reinhard Heinrich
Das Bühnenbild der Oper Chowanschtschina von Hans Schavernoch wirkt wie ein Parkhaus von außen. Durch die Betonpfosten fällt der Blick bis zum Bühnenende. In jedem Akt ändert sich der Hintergrund. Hauptsächlich der Chor spielt hinter diesen Mauern. Dieser hervorragende Chor unter der Leitung von Christian Günther singt nicht nur, sondern belebt die Bühne, ohne von der Handlung abzulenken. Hier ist viel von der Personenführung zu spüren, für die die Inszenierungen Harry Kupfers bekannt sind.
So richtig zeigt sich das Regietheater – mit der für Harry Kupfer typischen Personenführung – sonst fast nur noch bei Matti Salminen, der auch schon in der Premiere 1994 den Chowanskij sang und spielte. Wie er als Chowanskij am Tisch sitzt und sich eine Leckerei nach der anderen auftragen lässt, während das Volk draußen hungert und stirbt, das hat was. Abrupt teilt er die Tischplatte mit beiden Armen in der Mitte und fegt die Tischdekoration auf den Boden. Es poltern die Becher, die Metallschale trudelt geräuschvoll am Boden entlang, die die Speisen fliegen durch den Raum. Chowanskij, mehr breit als hoch, befiehlt, die Persermädchen zu bringen. Es folgt die Balletteinlage (Choreographie Roland Giertz ) der persischen Mädchen, die auf dem frei gewordenen Tisch tanzen. Der Kostümbildner Reinhard Heinrich schien für die Kostüme der Tänzerinnen einmal über die Reeperbahn geschlendert zu sein.
Es kann sein, dass dieser Mix aus alten und neuen Kostümen zur Popularität dieser Inszenierung beigetragen hat. Der Chor als Hintergrund kleidet sich in neutralen Farben von Grau bis Beige mit ländlich-russisch angehauchten Kostümen. Soldaten treten in stalinistischen Uniformen auf. Die Sänger/Solisten wirken in ihren prachtvollen Gewändern. Fürst Golizyn sitzt an einem modernen Managerschreibtisch im Riesenformat.
Matti Salminens 40jähriges Bühnenjubiläum
Matti Salminen glänzt am heutigen Tag als der Star des Abends. Fast auf den Tag genau, am 1. November 1970, stand er zum ersten Mal auf der Bühne der Hamburger Staatsoper. Man kann ihn getrost als Ausnahmeerscheinung bezeichnen, denn sowohl seine Stimme als auch seine Darstellungskraft haben sich über all die Jahre gehalten. Auf einem überdimensionalen Sessel in der Mitte der Bühne, umringt von den Darstellern der Oper, thront Matti Salminen, gekleidet als Fürst Chowanskij. Riesig und erhaben wirkt er mit seinem Fellmantel, über den noch einmal ein goldener Umhang geworfen ist.
Simone Young, die auch die Vorstellung dirigierte, gratuliert ihm zu diesem Jubiläum. Als Dank umarmt er sie, dass den Zuschauern angst und bange wird, denn Matti Salminen ist mindestens zwei Kopf größer, bei einem dreifachen Körperumfang. Ein paar Schrecksekunden lang verschwindet die zierliche Simone Young in den Fängen eines Bären, kann sich aber ohne äußerlich sichtbare Quetschungen wieder befreien.
Die nächste Vorstellung ist gerettet.
Chowanschtschina von Modest Mussorgski der Hamburger Staatsoper
INSZENIERUNG: Harry Kupfer
BÜHNENBILD: Hans Schavernoch
KOSTÜME: Reinhard Heinrich
CHOREOGRAFIE: Roland Giertz
Es spielen die Philharmoniker Hamburg.
Es singt der Chor der Hamburgischen Staatsoper
Besetzung am 18. November 2010
Musikalische Leitung: Simone Young
Chor: Christian Günther
Kinderchor: Jürgen Luhn
Fürst Iwan Chowanskij: Matti Salminen
Fürst Andrej Chowanskij: Michael König
Fürst Wassilij Golizyn: Peter Galliard
Schaklowitij: Lauri Vasar
Dossifej: Tigran Martirossian
Marfa: Elena Zaremba
Ein Schreiber: Jürgen Sacher
Emma: Katerina Tretyakova
Kusjka: Dovlet Nurgeldiyev
1. Strelez: Levente Páll
Strechnjew / 2. Strelez: Dong-Hwan Lee
Überraschen Sie Opernliebhaber mit diesem idealen Opernführer als Geschenk. Der Opernführer „Aida bis Zauberflöte“ bietet eine Zusammenfassung von 55 Opern, die im Kulturmagazin 8ung.info zu finden sind. Ob großformatig mit gut lesbarer Schrift, als handliches Taschenbuch oder praktisches Ebook – dieser Wegweiser ist der perfekte Begleiter für Ihren nächsten Opernbesuch.
- Chowanschtschina Stuttgart: Mussorgskij setzt in seiner Oper Chowanschtschina einen Teil der russischen Geschichte als „musikalisches Volksdrama“ um. Konservative religiöse Gruppierungen, machtbesessene Fürsten und westlich orientierte Adlige kämpfen um die Macht
- Wie die Zeit vergeht … Aufführung der Oper Chowanschtschina am 18. November 2010 mit Matti Salminen, der an diesem Tag sein 40jähriges Bühnenjubiläum an der Hamburger Staatsoper feiert. Schöne, dunkle Stimmen dominieren diese Opernaufführung. Als Mittelpunkt des Abends sei Matti Salminen genannt mit seinem schwarzen Bass, gepaart mit darstellerischen Talent. Meine Favoritin des Abends ist […]
- Chowanschtschina erzählt einen Teil der russischen Geschichte. Es geht um Machtkämpfe, diesmal unter religiösem Vorwand. Aufgepeppt wird Chowanschtschina durch eine tragische Liebesgeschichte, ist aber eine politische Oper. Jetzt lesen!