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Trickfilm-Tipp: „Dilili in Paris“ von Michel Ocelot

Belle Époque, mittendrin Dilili in Paris, der Weltstadt der Künstler, Literaten, Wissenschaftler. In Paris häufen sich mysteriöse Entführungsfälle. Mädchen werden entführt, aber es gibt wenig Anhaltspunkte. Die Spuren führen zu den selbsternannten „Herren der Welt“.

Dilili und ihr Freund Orel setzen sich auf die Fährte der Entführer.

Dilili springt Seil
Dilili liebt Seilspringen

Dilili ist ein aufgewecktes, abenteuerlustiges Mädchen mit französischen und kanakischen Wurzeln. Mit dem Schiff kam sie nach Frankreich. Unterwegs nahm sich eine Adlige ihrer an und ließ ihr die beste Erziehung angedeihen. Dilili zeigt überaus höfliche Manieren und beherrscht die französische Sprache in Wort und Schrift – besser als mancher Franzose. Sie möchte die Pariser kennenlernen.

Dilili und ihr Freund Orel im Lastenfahrrad
Dilili und Orel fahren mit dem Lastenfahrrad durch Paris

Ihr Freund Orel, der Botenjunge mit dem Lastendreirad, kennt sämtliche Persönlichkeiten seiner Zeit – von Literaten, über Kunst und Musik bis hin zu Wissenschaftlern und Erfindern.

Dilili und Orel setzen sich auf die Spuren der „Herren der Welt“.

Die Maler Auguste Renoir und Clode Monet bringen sie auf die Spur. Marcel Proust und Eric Satie schildern ihre Beobachtungen.

Im Schwanenboot auf der Seine
Orel, Dilili und Emma Calvé im Schwanenboot

Mit der Opernsängerin Emma Calvé ist Orel sogar befreundet. Mit ihr fahren sie auf dem Wasserweg zu einem Schlupfwinkel. Erst starten sie in der Kanalisation von Paris, dann geht’s weiter auf der Seine. Nicht etwa mit einem Kahn, nein, standesgemäß mit einem Schwanenboot aus der Oper Lohengrin.

Mit Toulouse-Lautrec im Lastendreirad auf den Straßen von Paris
Dilili und Orel fahren mit Toulouse-Lautrec durch das nächtliche Paris

Mit Hilfe des Malers Toulouse-Lautrec gelangen sie in das Cabaret Moulin Rouge, wo Dilili die Verschwörer belauscht. Die Freunde erhalten einen Hinweis auf ein Versteck.

Dilili schiebt ihren kranken Freund
Dilili schiebt ihren verwundeten Freund zuu Louis Pasteur


Diese Information erweist sich als fatal, denn an diesem Ort wird Orel von einem tollwütigen Hund gebissen. Orel kann nicht mehr laufen, aber Dilili schiebt ihn zu Louis Pasteur, der bekanntlich gerade einen Impfstoff dagegen entwickelt hat.

Die ganze Vorsicht nützt nichts, denn Dilili wird entführt.

In einen schwarzen Umhang gehüllt wird sie mit den anderen Mädchen und Frauen festgehalten. Alle dürfen nicht mehr sprechen und müssen sich nur noch kniend bewegen. Diese „Vierfüßler“ dienen als Stühle für Männer, die sich auf ihnen ausruhen. Der dicke Anführer braucht sogar vier Frauen, die ein Brett tragen, auf dem er in seinem Thron residiert.

Aufsehen erregende Befreiungsaktion.

Orel und seine Freunde finden das Frauen-Gefängnis mit Hilfe des Schwanenbootes. Gerettet werden die Mädchen über eine Strickleiter durch den Schornstein. Oben wartet ein Luftschiff, gebaut von Graf von Zeppelin, einem Freund der Opernsängerin. Da der Gasantrieb noch nicht erfunden ist, müssen die Mädchen und ihre Helfer kräftig in die Pedale treten.

Feine Pariser Gesellschaft um 1900
Die feine Pariser Gesellschaft lauscht der Opernsängerin Emma Calvé

Mit Unterstützung der Opernsängerin, die mit ihrer voluminösen Opernstimme den Takt angibt, werden sämtliche Pariser rund um den Eiffelturm auf sie aufmerksam.
Alle Mädchen – außer Dilili – finden zu ihren Eltern zurück. Eine Szene, die bei den Zuschauern die Tränen in die Augen treibt. Aber auch Dilili findet sich behütet in den Armen der Opernsängerin, deren Chauffeur und ihrem Freund Orel.

Sympathie für entrechtete Frauen treibt Michel Ocelot an.

Michel Ocelot wollte ursprünglich einen Film über die Unterdrückung der Frauen schaffen. Er steht auf der Seite der Frauen, die im schwarzen Umhang als seelenlose Fußabstreifer für eine bestimmte Sorte Mann dienen. Er wollte einen Film über entrechtete Frauen drehen, die nur vor sich hinvegetieren und auf Befehle brutaler Männer reagieren müssen – ein Film über die Unterdrückung und Befreiung verschleierter Frauen.
Als Rahmenhandlung wählte er die Pariser Belle Epoque, die Zeit um 1900 herum.

Insgesamt sechs Jahre hat es gedauert, bis der Film fertig war.

Nachdem er die Figuren ausgewählt hatte, stand die Handlung innerhalb einer Woche. Die Zuschauer schwelgen in romantischen Jugendstil-Interieurs. Auf den Straßen von Paris flanieren die Damen der feinen Gesellschaft in ihren langen Röcken (die Michel Ocelot besonders mag). Die Herren in Gehröcken und Zylinder steigen aus Pferdekutschen.
Dieser Film könnte in Schule als Unterrichtsmaterial dienen. Maler, Bildhauer, Literaten, Musiker, Wissenschaftler kommen darin vor. Besonders berücksichtigt er die Frauen, die sich in dieser Zeit emanzipierten. Zugegeben, nicht unbedingt biographisch genau.

Wo sonst findet man so viele berühmte männliche und weibliche Charaktere in einem 89-Minuten-Film?


Maler/Bildhauer:
Auguste Renoir, Auguste Rodin, Camille Claudel, Claude Monet, Constantin Brancusi (Romania), Edgar Degas, Henri de Toulouse-Lautrec, Henri Matisse, Le Douanier Rousseau, Madeleine Lemaire, Pablo Picasso (Spain), Paul Poiret, Suzanne Valadon.
Literaten:
Anna de Noailles (Rumania), Colette, Ernest Renan, Marcel Proust.
Komponisten:
Claude Debussy, Emma Calvé, Erik Satie, Reynaldo Hahn (Venezuela).
Persönlichkeiten:

Clémenceau, Louise Michel, Prince de Galles (United Kingdom).
Wissenschaftler:
Alberto Santos-Dumont (Brazil), Gustave Eiffel, Louis Pasteur, Marie Curie (Poland).
Sängerin/Tänzer:
Sarah Bernhardt, La Goulue, Chocolat (Cuba).

Regie Director: Michel Ocelot / Frankreich, Deutschland, Belgien / 2018 / 01:35:00 min.

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